Montag, 26. Oktober 2009

Mein Arbeitsleben

Ja nun hat das richtige Arbeitsleben fuer mich begonnen. Seit ich von der Villageschool zurueck bin, arbeite ich hier in der Young Horizons School in der ich auch wohne. Morgens von 8 Uhr bis halb 2 wird bis Klasse 6 unterrichtet. Die aelteren Schueler bis Klasse 10 kommen erst um 9 Uhr 45, muessen dafuer aber bis 4 Uhr nachmittags bleiben. Die ganz kleinen Nursery- und Kindergarden-kids gehen ab halb 1 nach Hause.
Was viele von euch wohl verwundern wird (außer vielleicht diejenigen, die ihren Freiwilligendienst auch an einer indischen Schule leisten) ist, dass ich mir meine Arbeit sozusagen selbst „suchen“ musste. Ich bekam keinen Stundenplan oder eine bestimmte Klasse zugeteilt, sondern musste in meinen ersten Tagen von Lehrer zu Lehrer, zur Direktorin und wieder zurueck eilen um herauszufinden wo meine Hilfe gebraucht wird. Die Kunstlehrerin war sofort erfreut ueber eine helfende Hand und so kam es, dass ich nun woechentlich 10 Stunden Kunst in den verschiedensten Klassen mit ihr unterrichte. Im Moment laeuft es noch so, dass sie den Unterricht vorbereitet und ich bei der Durchfuehrung helfe. Das ist auch wirklich noetig, denn in manchen Klassen sind einfach 35- 40 kleine Kinder(gefuehlte 60 Kinder) die Handabdruecke oder Blattstempel machen oder Marmorieren wollen. In der Adventszeit habe ich mir vorgenommen mit manchen Klassen Weihnachtskarten, Hexenhaeuser und Aehnliches zu basteln.
Da ich auch schon zuhause Englisch-Nachhilfe gegeben hatte, schlug ich auch hier den Lehrern vor, ihren „schwaecheren“ Schuelern Englisch-Stuetz-Unterricht zu geben. Eine willkommene Idee, schwierig war es nur Zeit in den vollen Stundenplaenen zu finden! Doch die wirklich sehr nette Englischlehrerin der dritten und vierten Klasse, Theresa, verhalf mir zu 4 freien Stunden fuer Stuetzunterricht in ihren Klassen. Diese Woche habe ich also damit begonnen mich um die schwaecheren Schueler zu kuemmern und hier merke ich auch wirklich, dass meine Hilfe gebraucht wird. Es ist einfach nicht leicht bei Klassen von solcher Groeße (35-40 Schueler) darauf zu achten, dass alle mitkommen und trotzdem keiner unterfordert ist. Einige Schueler sind auch schuechtern oder brauchen viel Zeit um zB. Einen Satz zu formulieren. Ich bin froh, dass ich ihnen in den Extrastunden diese Zeit geben kann, denn wenn man Geduld mit ihnen hat, kann man auch kleine Erfolge sehen.
Diesen Stuetzunterricht werde ich auch auf die Klassen 5-7 ausweiten. Mit der gesamten 7.Klasse hatte ich auch schon das Vergnuegen, da die Klassenlehrerin meinte „Ach, die sind alle schlecht. Du musst die ganze Klasse unterrichten.“ Somit stehe ich nun jeden Donnerstagmittag bis um 3 vor diesem Haufen pubertierender Teenager. Ich dachte, es waere einfach Ruhe und Aufmerksamkeit von diesen ja doch schon aelteren Schuelern zu bekommen – aber denkste! Es ist leider nicht ganz so einfach sich Respekt bei teilweise hoehentechnisch groeßeren Schuelern zu verschaffen… Doch ich hoffe bald einen Trick zu finden wie ich alle fuer die englischen Zeiten begeistern kann!
Auch zur „Communicative English class“ geht’s fuer mich jeden Mittwoch. Hier werden Klasse 5 und 6 von einem „etwas speziellen“ Lehrer (wegen dem ich mir in der ersten Stunde echt das Lachen verkneifen musste) in englischer Konversation unterrichtet. Mit diesem Lehrer muss ich wohl noch ausloten wie meine Rolle hierbei aussehen wird. In der letzten Stunde wollte er mich einfach mir nichts dir nichts benoten lassen, was ich aber vorerst dankend ablehnte ;)
Ein weiteres mir zugeteiltes Fach ist das Storytelling, das Geschichten-Erzaehlen, in Klasse 2. Jeden Donnerstag und Freitag in der letzten Stunde komme ich vorbei und erzaehle den Kindern eine Geschichte. Selbstverstaendlich frei und auf englisch mit kleinen schauspielerischen Ausschmueckungen. Total suess haben sich die Kleinen nach der Stunde dann fuer die ersten Geschichten Haensel&Gretel sowie Rotkaeppchen bei mir bedankt. Doch manchmal werden aus diesen suessen Engelchen wahrhaftige kleine Teufelchen, die wild durcheinander schreien, nicht zuhoeren oder still sitzen koennen. Zur Strafe mussten sie dann auf das Ende ihrer Geschichte verzichten. Zum Glueck waren sie in der naechsten Stunde umso gespannter und ich konnte in Ruhe erzaehlen ;)
Auch im Kindergarten KG1 und KG2 soll ich insgesammt 4 Stunden pro Woche mit Storytelling oder Konversation fuellen. Eigentlich ist das ein bisschen unsinnig, da die Kinder wirklich sehr wenig Englisch koennen. Da ich aber ziemlich frei in der Unterrichtsgestaltung bin, bringe ich ihnen vorerst einmal Sing- und Klatschspiele sowie Reime bei. Wie der „Unterricht“ fuers ganze Jahr aussieht, muss ich noch sehen. Vorallem die Kinder aus KG1, sie sind ungefaehr 4 Jahre alt, sind meiner Meinung nach einfach noch zu sehr „Spielkind“, als dass sie in einem Klassenzimmer am Schreibtisch sitzen sollten… Aufgeweckt und ungeduldig wie sie sind koennen sie nicht still sitzen und veranstalten gerne ein rießen Chaos. Das ist auch fuer die Lehrerinnen nicht gerade leicht. Doch die Klassenlehrerin von KG1 ist manchmal wirklich streng und das hat mich auch ein bisschen geschockt. Dauernd haut sie ein Lineal auf den Tisch um zu Wort zukommen und wenn die Kinder ewig brauchen um zB. Einen Kreis zu bilden, werden sie schon mal unsanft herumgeschoben. Ein solcher Moment hat mich echt traurig gestimmt. Doch als ich kurz danach mein Lied angestimmt hab, konnte ich in laechelnde Gesichter blicken, was alles wieder wett gemacht hat.
Natuerlich kann ich das indische Erziehungssystem nicht aendern, aber koennte ich es wuerde ich die Kleinen in einen „Kindi“ wie in Deutschland schicken, mit Spielplatz draußen, Sandkasten, Rutsche und sie mit Baukloetzen oder Puppen spielen lassen, anstatt schon so frueh zu versuchen ihnen das Schreiben beizubringen.
Mein normaler Arbeitstag geht um 8 Uhr oder 8 Uhr 30 los, was mich immer wieder dazu bringt 10 Minuten davor hastig zum Fruehstueck zu rennen. Ich komme morgens leider eher schwer aus dem Bett und vertroedel meine Zeit viel zu oft beim Duschen(kalt!)… Der heiße Tee wird somit typisch indisch erst in die Untertasse gegossen, wo er schnell abkuehlt, und dann weggeschluerft. Heute morgen hab ich deswegen auch eine neue Bengalivokabel fuer „schnell“ gelernt und meine Gastmutter fuegte hinzu, dass dies das wichtigste Wort fuer Indien sei. Alles ginge immer zu gemuehtlich und wenn man etwas wirklich brauche muesse man dieses Wort beherrschen.
Mein Schultag endet dann gegen zwei Uhr (außer Donnerstags erst um 3Uhr) und es gibt erst mal Mittagessen, was mir immer schmeckt, da die liebe Koechin jetzt immer Ruti anstatt Reis fuer mich macht. Nachmittags habe ich dann frei, falls ich nichts fuer die Schule planen muss und so mache ich mich in diesen Tagen auf und erkunde die Stadt...

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